Kirchen, Wirtschaft, Einzelhandel, Lebensmitteldiscounter und nicht zuletzt die Opposition sparen nicht mit Kritik und scharfen Worten am verhängten Lockdown zu Ostern.
Die Bitte der Regierung, am höchsten Fest der Christenheit auf Präsenzgottesdienste zu verzichten, stößt bei den beiden großen Kirchen auf Unverständnis. Gottesdienste waren bisher, etwa zu Weihnachten, keine Horte der Infektionen. Die Kirchen haben Hygienekonzepte, die man mittlerweile als bewährt bezeichnen kann. Freikirchen haben, zum Teil auch während des Lockdown, Präsenzgottesdienste abgehalten. Probleme erwuchsen daraus bisher nicht. Gottesdienste schlichtweg ganz zu verbieten, ist nicht möglich. Mit einem Verbot von Präsenzgottesdiensten ist die Regierung bereits im ersten Lockdown krachend vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert.
Als weitere Belastung für Betriebe und die Konjunktur sehen Ökonomen die Maßnahmen. Wirtschaftsverbände fordern mehr Tests. Zudem werden intelligente Hygienemaßnahmen eingefordert
„Bund und Länder verlieren sich im Klein-Klein von Maßnahmen“, sagte Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Es fehle nach wie vor eine konsequente Strategie für Tests und Nachverfolgung, kritisierte der Ökonom. Unklar sei noch, was der beschlossene „Ruhetag“ am Gründonnerstag konkret für die Betriebe bedeute. Sollte dieser wie ein gesetzlicher Feiertag betrachtet werden, hätte dies nach Berechnungen des IW Kosten von sieben Milliarden Euro zur Folge.
Als Folge der beschlossenen Verschärfungen sieht das Handwerk den Zusammenbruch vieler Betriebe.
Die Lockdown-Verlängerung komme zwar nicht überraschend, so der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Sie sei aber für viele Handwerksbetriebe ein großer Schock. „Damit mag ein Kollaps des Gesundheitssystems vermieden werden. Ein breitflächiger Betriebe-Kollaps wird jedoch immer wahrscheinlicher“, betonte der ZDH. Es fehle ein Planungshorizont, dazu kämen stockende oder unzureichende Überbrückungshilfen.
Der Einzelhandelsverband sieht die Regierung nur noch im Tunnelmodus
Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes HDE, kritisierte, Bund und Länder agierten „nur noch im Tunnelmodus“. Die alleinige Fixierung auf die Corona-Inzidenzwerte werde der komplexen Lage nicht gerecht. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigten, „dass die Infektionsgefahr beim Einkaufen niedrig ist“.
Der Autohandel fürchtet ebenfalls um seine Existenz.
„Wir können und dürfen nicht warten, bis die Pleitewelle rollt. Die Politik muss Handlungswege aufzeigen und darf unser Land nicht länger stilllegen“, sagte Jürgen Karpinski, Präsident des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK).
Discounter sehen lange Warteschlangen der Kunden voraus. Lieferketten müssen neu überdacht werden. Die WAZ berichtet, der Lebensmittelhandel zeige sich entsetzt.
Ja, es ist nur ein Tag. Aber es ist Gründonnerstag, der Tag an dem die Deutschen Fisch kaufen, wie an keinem anderen Tag. Bestellungen sind lange raus, Abholtermine vereinbart. Alles Makulatur „Keine Ahnung, wie wir das jetzt hinkriegen sollen“, sagt der Chef der Fischtheke eines Marktes in Dortmund.
Am Ostersamstag dürfte der Andrang überall groß sein.
„Kontraproduktiv nennt der Handelsverband Deutschland (HDE) die Schließung der Lebensmittelhändler am Gründonnerstag dann auch. „Den Lebensmittelhandel symbolisch für einen Tag zuzumachen, hilft im Kampf gegen die Pandemie nicht weiter“, sagt HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.
FDP-Chef Christin Lindner fand klare Worte zu den Beschlüssen der Bundesregierung. Er nannte die Maßnahmen „zu scharf“ und „zu wenig innovativ“. Es sei „eine erschütternde Konzeptlosigkeit, dass das Prinzip ‚Wir bleiben zu Hause‘ auch nach mehr als einem Jahr immer noch die zentrale Antwort auf die Pandemie ist“
Linksparteichef Dietmar Bartsch sagte: „die Fortsetzung der Maßnahmen sei „maßgeblich ein ‚Weil-es-die-Bundesregierung-vergeigt-hat-Lockdown'“
AfD- Fraktionschefin Alice Weidel fand klare Worte, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrigließen.
Alice Weidel sprach von „Willkür“, „Kopflosigkeit“ und „Unsinnigkeit“. „Das Maß ist nun endgültig voll, die vollständige Einschränkung der Freiheit ist den Bürgern nicht länger zumutbar“, kritisierte sie in einem Beitrag auf Facebook. Die Reduzierung auf nur drei Öffnungstage in der Osterwoche bedeute einen deutlich höheren Andrang im Einzelhandel.
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